18. Okto­ber 2012

Stadtratssitzung zu TOP 9: „Teilnahme an der Fairtrade town Kampagne“ — Rede von Hans-Georg Hansen

Sehr geehr­ter Herr Oberbürgermeister,
mei­ne Damen und Herren,

im Febru­ar die­sen Jah­res hat der Stadt auf unse­ren Antrag beschlos­sen, zu prü­fen, unter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen auch Ander­nach neben 100 wei­te­ren Städ­ten in Deutsch­land Fair­­tra­de-Stadt wer­den kann.

Damals habe ich im Stadt­rat die Befürch­tung geäu­ßert, dass viel­leicht der ein oder ande­re fra­gen. „Haben die in der Stadt nicht ande­re Sorgen?“„Fairtrade-Stadt“, was soll dann denn sein?

Die­se Befürch­tung hat sich nicht bestä­tigt. Viel­mehr hat die auf­grund des Stadt­rats­be­schlus­ses gebil­de­te Arbeits­grup­pe her­aus­ge­ar­bei­tet, dass die unse­re Bür­ger, vie­le Ver­ei­ne, die Kir­chen, vie­le Gas­tro­no­mie­be­trie­be, der Ein­zel­han­del aber auch die Schu­len viel wei­ter sind, als wir das ange­nom­men haben. So sind in alle Lebens­mit­tel­märk­ten eine gan­ze Rei­he von Pro­duk­ten zu fin­den, vom Kaf­fee bis zu Rosen. So sind die Kios­ke in den Gym­na­si­en selbst­ver­ständ­lich mit Fair­­tra­de-Pro­­duk­­ten bestückt. Kir­chen und Ver­ei­ne schen­ken fair gehan­del­ten Kaf­fee oder regio­na­le Pro­duk­te aus.

Jetzt wol­len wir eine Fair­­tra­de-Stadt wer­den, und uns damit für eine nach­hal­ti­ge Ent­wick­lung einsetzen. 

Unse­re Stadt Ander­nach steht für ein offe­nes Mit­ein­an­der und für Trans­pa­renz, für Grund- und Men­schen­rech­te, für Arbeits- und Pro­duk­ti­ons­be­din­gun­gen, wel­che die Wür­de des Men­schen, aber auch den Erhalt der Natur ernst neh­men. Wir waren da auch in der Ver­gan­gen­heit nicht untä­tig: ich erin­ne­re nur an Holz­hack­schnit­zel­wer­ke, Fern­wär­me, Block­heiz­kraft­wer­ke und gro­ße Inves­ti­tio­nen zB in Wär­me­däm­mung, aber auch an unser Enga­ge­ment für regio­na­le Pro­duk­te. Und schon im Jahr 2007 hat der Rat sich dafür aus­ge­spro­chen, kei­ne Pro­duk­te aus aus­beu­te­ri­scher Kin­der­ar­beit bei der Stadt­ver­wal­tung zuzu­las­sen. Das ist wei­ter wichtig.

Nun geht es aber um einen wei­te­ren Schritt nach vorne.

Denn Boy­kott allein gegen all die Pro­duk­te, die unter aus­beu­te­ri­schen Bedin-gun­­gen her­ge­stellt wer­den, ist nicht die Lösung. Wir müs­sen Alter­na­ti­ven schaf­fen. Wir müs­sen die Armut bekämp­fen, Zugang zu Aus­bil­dung und Bil­dung sicherstellen. 

Der Fai­re Han­del ist eine sol­che Alter­na­ti­ve. Er bie­tet jedem in Ander­nach und sonst­wo die Mög­lich­keit, Pro­duk­te zu kau­fen, die unter fai­ren Bedin­gun­gen her­ge­stellt wur­den. Er ist die dadurch eine Chan­ce, Pro­jek­te zu för­dern, die an den Ursa­chen von Not und Armut anset­zen. Sol­che Pro­jek­te geben Hoff­nung. Der Fai­re Han­del ist dar­um eine der wich­tigs­ten Säu­len einer glaub­wür­di­gen Ent­wick­lungs­zu­sam­men­ar­beit auf Augenhöhe. 

Nicht Almo­sen, son­dern fai­re Chan­cen – das ist es, was die Men­schen in den Erzeu­ger­län­dern wol­len und was sie verdienen.

Des­halb, und weil wir in einer Welt leben, ist der fai­re Han­del, ist die Teil­nah­me an der fair­­tra­de-town-Bewe­­gung auch unse­re Chan­ce und unse­re Auf­ga­be, wenn wir unse­re eige­nen Grund­sät­ze ernst nehmen.

Dazu gehört, dass wir nicht nur über fai­ren Han­deln reden, son­dern auch fair kau­fen, dass also in der Stadt­ver­wal­tung fair gehan­del­te Pro­duk­te ver­wen­det wer­den. Ganz wich­tig ist aus unse­rer Sicht, dass mit attrak­ti­ven Aktio­nen in Ver­ei­nen, Schu­len und Kir­chen für den fai­ren Han­del gewor­ben wird. Da bin ich für die Zukunft nach der Erfah­run­gen in unse­rer Fair­­tra­de-Arbeits­­grup­­pe guter Din­ge. In die­sem Zusam­men­hang möch­te ich auch ganz herz­lich unse­ren Dank und unse­re Aner­ken­nung den ehren­amt­lich Täti­gen in unse­rer Stadt zum Aus­druck brin­gen. Sie enga­gie­ren sich zum Teil seit vie­len Jah­ren für den fai­ren Han­del in unse­rer Stadt, ins­be­son­de­re Frau Jonas, ihren Mit­strei­tern und der Akti­on „eine Welt“. 

Auch den bis­he­ri­gen Mit­glie­dern in der Steue­rungs­grup­pe, dan­ken wir für die bis­he­ri­ge Arbeit. Ich habe die Zusam­men­ar­beit mit Herrn Werf, mei­ner Kol­le­gin Wie­­se­­mann-Käfer, den Schü­ler­ver­tre­tern, den Mit­glie­dern des Eine-Wel­t­­ver­­eins und der Kir­chen als sehr kon­struk­tiv und viel­ver­spre­chend erlebt.

Ich hof­fe und wün­sche mir, dass die wirk­li­che Arbeit jetzt erst so rich­tig los­­ge-hen wird. Denn wir wol­len als Fair­­tra­de-Stadt kei­ne Ein­tags­flie­ge star­ten, son-dern einen Zug in Bewe­gung set­zen, der jetzt erst rich­tig Fahrt auf­neh­men soll.

Fair­­tra­de-Stadt Ander­nach“ ist kein Titel, mit dem wir uns dann irgend­wann ein­mal schmü­cken wollen.

Es soll ein A u f t r a g sein, jeden Tag auf unse­re Wei­se dar­an hin­zu­wir­ken, dass die­se unse­re eine Welt ein klei­nes biss­chen gerech­ter wird.

Gehen wir es also an, und set­zen heu­te den ers­ten Schritt.