Rede zu TOP 7: Abschluss der Stadtsanierung Andernachs — Hans-Georg Hansen
Sehr geehrter Oberbürgermeister, sehr geehrter Herr Bürgermeister,
als ich 1974 zum ersten Mal zum Stadtrat kandidierte, hätte ich mir nicht träumen lassen, dass erst so viele Jahre später einmal der Punkt erreicht wird, an dem die Altstadtsanierung abgeschlossen ist, und dass alle mit dem Ergebnis zufrieden sind.
Die Geschichte der Altstadt Sanierung Andernachs ist eine Geschichte von erbitterten politischen Auseinandersetzungen, großer Hektik, viel Aufschwung, viel Neuem, nicht enden wollendem Streit im Stadtrat.
Als es etwa 1974 mit der Altstadtsanierung losging, bestand zunächst Einigkeit, dass unsere verschlafene Bäckerjungenstadt einem Modernisierungsschub nötig hatte. Der Marktplatz und die Innenstadt waren voller Autos, die Geschäftswelt in der Innenstadt litt unter einem Kunden- und Besucherrückgang. Zwar nannte man das damals noch nicht so, aber selbst 1974 wurde schon ein Zentralitätsindex ermittelt. Danach war der Einzelhandelsumsatz in Andernach weit unter die Kaufkraft der Andernacher gesunken. In der Altstadt gab es noch zahlreiche Fabriken, zum Beispiel Masa, eine Hafermühle und Malzfabriken wie Düsterwald&Tillmann in der Gartenstraße, und bis vor wenigen Jahren noch Weissheimer.
Mit Oberbürgermeister Dr. Küffmann und Bürgermeister Günther an der Stadtspitze ging man daran, die Fußgängerzone zu schaffen, die Autos vom Markt und aus der Altstadt zu verbannen, Industrie aus der Altstadt auszusiedeln, Straßen und Plätze neu zu gestalten. Neu entstanden die Tiefgarage, das Parkhaus am Stadtgraben, das Neue Rathaus, aber auch die Mittelrheinhalle. Auch die Sanierung des Gebäudes, in dem wir uns jetzt befinden sowie der Neubau der Stadtbücherei wurden erst mit der Altstadtsanierung ermöglicht. Als wegweisend für die damalige Zeit und ausschlaggebend für einen Aufschwung in der Innenstadt, heute sagt man Leuchtturmprojekt, sollte sich die Ansiedlung des Kaufhauses Horten erweisen. Gleichzeitig wurden die Stadtmauer freigelegt, aber auch die Verkehrsbeziehungen in der Innenstadt insgesamt neu geordnet. Die Sperrholzwerke verschwanden, neue Wohngebiete am Rande der Altstadt entstanden.
Das alles gab es nicht zum Nulltarif: Neben finanziellen Kosten in Höhe von knapp 30 Millionen €, von denen in die Stadt alleine und 10 Millionen € zu tragen hatte, erforderte die Altstadtsanierung über viele, viele Jahre einen enormen bürokratischen Aufwand seitens der Verwaltung und der Mitarbeiter, aber auch eine kräftezehrende Überzeugungsarbeit in der Politik und nicht zuletzt gegenüber den betroffenen Bürger in der Innenstadt. Das zeigte sich teilweise in einem vergifteten politischen Klima, mit Gerichtsverfahren aus dem Rat, aber auch aus der Bürgerschaft. Entscheidungen im Rat gab es nur nach Kampfabstimmungen, begleitet von einer die Gräben eher vertiefenden Presse und Öffentlichkeitsarbeit.
In der Rückschau wird man sagen können, dass die als Stadtsanierung Andernach enormer Kraftakt, aber auch ein Riesen Erfolg geworden ist.
Natürlich gibt es Punkte, bei denen man aus heutiger Sicht an den damaligen Entscheidungen zweifeln kann. Etwa wenn ich an die Fassade der ehemaligen Hirschapotheke auf dem Markt denke, die leider allzu leichtfertig geopfert wurde, oder an das ein oder andere Gebäude, das verschwunden ist. Es mag auch andere Beispiele geben. So beklagt Professor Heyen nicht zu Unrecht in seinem Buch zur Geschichte Andernachs „die dynamische, manchmal aber wohl auch allzu entschlossene Durchführung der Sanierungsmaßnahmen, wo ein bedächtiges Abwägen womöglich doch noch eine kompromissfähige Lösung mit größerer Schonung hätte finden können: freilich hätte dann die Gefahr bestand, dass manches ganz auf der Strecke geblieben und über andere Möglichkeiten noch über Jahre hin diskutiert worden wäre.“
Andererseits: Wer wollte heute noch das Rad zurück drehen? Wir können froh sein, dass — trotz allem Streit in der Vergangenheit- die Altstadtsanierung für Andernach so gut gelungen ist und für unsere Stadt und Bürgerschaft ein Er-folg gebracht geworden ist.
Heute gibt es neue Aufgaben, wenn ich etwa an die Sanierung der westlichen Altstadt denke, wo wir vor neuen Herausforderungen stehen. Und wieder suchen wir Wege, die Kaufkraftbindung in der Innenstadt zu stärken — wenn auch auf einem höheren Niveau als vor 40 Jahren.
Wir danken der Stadtverwaltung, den ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die über Jahrzehnte lang an der Altstadtsanierung gearbeitet haben, aber auch den Bürgerinnen und Bürgerinnen, die diesen Weg tatkräftig begleitet haben.
Dennoch sollten wir, bei aller Freude über das Erreichte, den Weg über fast 40 Jahre Altstadtsanierung Andernachs nicht vergessen. Deshalb schlage ich seitens der CDU Stadtratsfraktion vor, den Abschluss der Altstadtsanierung zum Anlass zu nehmen, eine entsprechende Dokumentation zu erstellen, und eventuell in Form einer Ausstellung in Stadtmuseum oder im Historischen Rathaus der Einwohnerschaft zu präsentieren.